1.
Wenn einer wie Ronald­inho im Wer­be­spot das Leder mehr­mals hin­ter­ein­ander an die Latte nagelt, sollte das der Blas­phemie genug sein, könnte man meinen. Doch bei den Dreh­ar­beiten für einen TV-Spot im März 2004 kannte Ronald­inho selbst mit der legen­dären Kathe­drale von Sant­iago de Com­pos­tela keine Gnade und zer­schoss, natür­lich unab­sicht­lich, ein Fenster des im 12. Jahr­hun­dert erbauten Got­tes­hauses.

2.
Was bei Effen­berg dessen Gattin Mar­tina war, ist bei Ronald­inho sein älterer Bruder Roberto. Der näm­lich ist sein Berater, steuert mit kühler Stirn die Ver­mark­tung des Gold­jungen und plant die sport­li­chen Etappen. Wie sich die Brüder ansonsten ver­tragen, ist nicht bekannt. Hof­fent­lich besser als die Effen­bergs.

3.
Ronald­inho wäre kein Bra­si­lianer, hörte er nicht eigent­lich auf einen län­geren Namen, den keiner kennt. Hier schon mal zum Merken, um mit dem Wissen im Jahr 2037 bei der 250 000. Aus­gabe von Wer wird Mil­lionär?“ zu glänzen: Ronaldo de Assis Moreira.

4.
Ob viel­leicht dies der Grund für sein zahn­las­tiges Dau­er­grinsen ist? Ronald­inhos Hei­mat­stadt heißt Porto Alegre, zu deutsch: der hei­tere Hafen.

5.
Schon bei seinem ersten großen Auf­tritt in der Seleção gab Ronald­inho seine Visi­ten­karte auch vor dem deut­schen Tor ab: Beim läs­sigen 4:0‑Erfolg über Deutsch­land wäh­rend des Con­fe­de­ra­tion Cups 1999 erzielte er einen Treffer, wenn auch wenig gla­mourös per Straf­stoß. Saudi-Ara­bien bekam Ronald­inhos Klasse beim 2:8 im Halb­fi­nale hin­gegen gleich dreimal zu spüren.

6.
Ronald­inho schreibt inner­b­ra­sili-ani­sche Fuß­ball­mär­chen: Er stieg abseits der Fuß­ball­hoch­burgen FC Santos und Sao Paulo in den bra­si­lia­ni­schen Fuß­ball ein. Grêmio Porto Alegre hieß der Durch­lauf­er­hitzer vor dem Sprung nach Europa. 2001 wech­selte er zu Paris St. Ger­main, seit 2003 zau­bert er beim FC Bar­ce­lona.

7.
In Bra­si­lien wird Ronald­inho auf­grund seiner Her­kunft aus der Pro­vinz Rio Grande do Sul auch Gaúcho genannt. Der Bun­des­staat ist der süd­lichste Bra­si­liens und grenzt an Argen­ti­nien.

8.
Seine schlimmste Stunde erlebte er mit acht Jahren, als sein Vater tra­gisch im hei­mi­schen Pool ertrank. Die Villa mit dem Pool hatte die Familie vom Club Grêmio Porto Alegre geschenkt bekommen, damit Ronald­inhos älterer Bruder Roberto nicht zur Kon­kur­renz wech­selte.

9.
In Porto Alegre hielt er in seiner Abschieds­saison 1999/2001 zusammen mit Mar­cel­inho den Ball hoch. Schon damals bewies Dieter Hoeneß sein Trans­fer­ge­spür für Offen­siv­spieler: Paris St. Ger­main fischte sich Ronald­inho für fünf Mil­lionen Euro und ver­kloppte ihn zwei Jahre später für dreißig nach Bar­ce­lona. Hoeneß hin­gegen berappte sieben Mil­lionen für Mar­cel­inho und wusste nie so recht, ob er sich über den eigen­wil­ligen Bra­si­lianer freuen oder ärgern soll.

10.

Auf den Straßen Deutsch­lands ist kein Platz mehr für Stra­ßen­fuß­baller, in Bra­si­lien schon. Ronald­inho ist einer von ihnen, sein Jugend­trainer Claudio Roberto Pires Duarte sagte über ihn bewun­dernd: Wir mussten ihm nichts bei­bringen, er konnte schon alles.“

11.
Aller­dings ist es manchmal doch von Nach­teil, fuß­bal­le­risch so gesegnet zu sein wie Ronald­inho. Sein Mann­schafts­kol­lege bei Bar­ce­lona, der gute Deco, hat bei­spiels­weise den Begriff Arbeits­ver­wei­ge­rung“ mit Ronald­inhos Hilfe neu defi­niert: Man braucht ihm nur den Ball zu geben, den Rest besorgt er dann schon!“ Ein Auto­pilot auf zwei Beinen.

12.
In Bar­ce­lona war er mit 30 Mil­lionen Euro Trans­fer­ge­bühren der teu­erste Neu­zu­gang der Ver­eins­ge­schichte. Keine schlechte Inves­ti­tion aller­dings, denn gleich in seiner ersten Saison schoss Ronald­inho die Kata­lanen mit 22 Toren auf Platz zwei der Pri­mera Divi­sión.

13.

Der­zeit ist er dort mit einem Ver­trag bis 2010 aus­ge­stattet, der ihm jähr­lich 15 Mil­lionen Euro ein- bringt. Das klingt wie ein statt­li­cher Ren­ten­ver­trag, angeb­lich besitzt er den­noch eine Aus­stiegs­klausel: für 150 Mil­lionen kann Dieter Hoeneß dem­nach seinen kleinen Fauxpas aus dem Jahre 2000 wieder gut­ma­chen.

14.

Ronald­inho scheint nicht nur Spaß­ma­cher Nummer eins auf dem Platz zu sein, son­dern auch ein mächtig großes Herz für Mit­spieler zu haben. So lernte er eigens ein paar Worte Tür­kisch, um Barças ehe­ma­ligen Ersatz­tor­hüter Rüstü auf­zu­mun­tern, der kein Fremd­spra­chen­ta­lent ist und folg­lich inner­halb der Mann­schaft ein wenig iso­liert war.

15.
Selbst für seine ver­blüf­fendsten Tricks hat Ronald­inho stets kreuz­brave Erklä­rungen. Anstatt sich für den Chicle“ („Kau­gummi“), die extended ver­sion des Über­stei­gers, aus­giebig feiern zu lassen, ver­kün­dete er mit beschei­denem Augen­auf­schlag, er habe sich die Finte ledig­lich bei Lands­mann Rivelino abge­schaut, der 1970 mit der Seleção Welt­meister wurde.

16.
Nor­ma­ler­weise bewirft man sich wäh­rend der Spiele zwi­schen Real und Barça mit Schwei­ne­köpfen, zumin­dest aber mit übelsten Beschimp­fungen. Im November 2005 aber erhoben sich die Zuschauer im Estadio Sant­iago Ber­nabéu zu Madrid hin­gegen und fei­erten den Gast Ronald­inho, der dem weißen Bal­lett mal eben gezeigt hatte, wie man richtig tanzt und nach einem Solo von der Mit­tel­linie aus das 3:0 für Bar­ce­lona erzielt hatte.

17.
Zum Thema amou­röse Eska­paden: Früher, bei Paris St-Ger­main, galt Ronald­inho als aus­gie­biger Besu­cher zwie­lich­tiger Eta­blis­se­ments, eine dor­tige Mit­ar­bei­terin erwähnte gar, er habe beim Sex die Wucht eines Press­luft­ham­mers. Eine durchaus schmei­chel­hafte Exper­tise, seit seinem Wechsel nach Bar­ce­lona sind aller­dings keine wei­teren Erleb­nis­auf­sätze aus dem Strip­pe­rinnen-Milieu mehr auf­ge­taucht.

18.
Hang Loose“ ist sein Marken- zei­chen, der Surfer-Gruß. Nach jedem Tor heißt es Arme nach oben, Daumen und kleine Finger gespreizt. So sagen auch schon mal Sata­nisten Grüß Gott. Ronald­inho grüßt hin­gegen ein­fach nur so. Warum und wieso? Weiß er auch nicht.

19.
In seiner Luxus­villa am Rande Bar­ce­lonas ist Ronald­inho pau­senlos von Horden seines rie­sigen Fami­li­en­clans umgeben. Den Koch­löffel schwingen Mutter und Schwes­tern, ein Vetter dient als Sekretär, ein anderer Cousin als Fit­ness­trainer. Natür­lich lüm­meln sich auch ein paar richtig dufte Kum­pels in den Sofa­falten. Fremde dürfen das Haus nur mit Geneh­mi­gung von Big Brother Roberto betreten. Frauen, wenn sie nicht gerade Mütter oder Schwes­tern sind, schon mal gar nicht.

20.
Erst 26 Jahre alt und schon so viel gewonnen: Ronald­inhos Titel­samm­lung liest sich relativ schmuck. Welt­meister, Cham­pions-League-Sieger, Spa­ni­scher Meister, Confed-Cup-Sieger und U17-Welt­meister, dazu zweimal Welt­fuß­baller sowie Europas Fuß­baller des Jahres, und nicht zu ver­gessen: die Krone des euro­päi­schen Ver­eins­fuß­balls, den UI-Cup 2001 mit Paris St. Ger­main.

21.
Fast hätte Barcas Club­chef Joan Laporta einen Hoe­neß­schen Lapsus begangen: 2003 wollte er anstelle von Ronald­inho eigent­lich David Beckham holen, doch der Eng­länder ging lieber zum Erz­ri­valen Real Madrid. Heute fragen sich die Madri­lenen übel­launig, ob sie damals die rich­tige Wahl getroffen haben.

23.

Pünkt­lich zur WM kam Ronald­inho als Comic-Held auf den Markt. Feder­füh­rend war Bra­si­liens Comic-Ikone Mau­ricio de Souza, der in den 70ern auch schon einen Pelé-Car­toon auf den Markt geworfen hattte. Geist­rei­cher und durchaus über­ra­schender Titel des neuen Werkes: Ronald­inho“.

22.
Wäh­rend sein Lands­mann Ronaldo immer wieder durch halb­gare Berichte über neue Romanzen in der Bou­le­vard­presse auf­fällt, erfährt man bei Ronald­inho der­zeit nichts über Lie­bes­af­fären. Statt­dessen werden hüb- sche PR-Sätze öffent­lich: Der Ball ist meine Braut“, sagte er einmal. Immer scheint das aber nicht zu gelten. Kürz­lich wurde bekannt, dass Ronald­inho längst Vater eines unehe­li­chen Kindes ist. Die Mutter ist nicht der Ball, son­dern eine Ex-Freundin. Aber in der Öffent­lich­keit spreche ich nicht über meinen Sohn Joao. Ich will ihn zwar so oft es geht in meiner Nähe haben. Aber der­zeit ist das schwierig ver­einbar mit meinem Job als Fuß­baller.“

24.
Mit seinem neu­esten Wer­be­spot jeden­falls hat er die Inter­net­foren der Fuß­ball­welt zum Kochen gebracht: Ist die Sta­fette aus gekonnten Distanz-Alu­mi­ni­um­tref­fern tat­säch­lich an Ronald­inhos Fuß ent­standen oder doch eher am Com­puter? Nike behauptet, zumin­dest zweimal in Folge habe er das Kunst­stück voll­bracht – die beiden wei­teren Treffer seien am Com­puter nach­be­ar­beitet und ver­fei­nert“ worden. Was bei näherem Nach­denken wenig Sinn macht.

25.
Und in diesem Zusam­men­hang sei schließ­lich erwähnt: Ronald­inho ist trotz aller guter, bes­seren, besten Eigen­schaften der Lüge fähig! Er selbst hat näm­lich immer mit treu­her­zigem Augen­auf­schlag behauptet, der kom­plette Spot sei real.

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